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Haus der Heimat, Wien
Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft in Österreich (DAG)
Der Jaeger Plan
Was in Österreich bis zum Jahr 1951/52 fehlte, war ein fix und fertig ausgearbeitetes Gesamtpaket, auf dessen Grundlage eine möglichst rasche Eingliederung der volksdeutschen Heimatvertriebenen und der anderen Flüchtlingsgruppen hätte ermöglicht werden können. Am 31. Dezember 1951 zählte die österreichische Statistik 231.470 Volksdeutsche und 54.713 fremdsprachige Flüchtlinge, die zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht eingebürgert waren.
Victor A.M. Beermann beauftragte nach seinem Dienstantritt beim UN-Hochkommissariat für Flüchtlingsfragen in Wien Gilbert Jaeger am 1. November 1951, einen Integrationsplan für die Flüchtlinge in Österreich auszuarbeiten. Beermann kritisierte das Fehlen entsprechender Integrationskonzepte und die mangelhafte Informationslage österreichischer Behörden. Jaegers ursprünglicher Gesamtplan zur Eingliederung der Flüchtlinge in Österreich umfasste einen Zeitrahmen von 10 Jahren und legte eine klare Verteilung der Kompetenzen fest. Während der österreichische Nationalrat die gesetzlichen Grundlagen für eine Gleichstellung schaffen sollte, ordnete Jaeger die dafür notwendige Finanzierung internationalen Einrichtungen zu. Nachdem Jaegers Gesamtplan wegen der fehlenden finanziellen Ressourcen auf Ablehnung gestoßen war, legte er am 30. April 1952 seine überarbeitete Version als Sofortprogramm für die Eingliederung von Flüchtlingen in Österreich vor, das den finanziellen Schwierigkeiten, denen die österreichische Regierung gegenübersteht, sowie der Zurückhaltung dieser Regierung, zu große Risiken bei Auslandsanleihen auf sich zu nehmen, Rechnung tragen soll.
Die verkürzte Version berücksichtigte die Eingliederung von 20.000 Familien in einer Periode von fünf Jahren und widmete sich nur mehr Problemen, die nach Einschätzung Jaegers „einer dringenden Lösung“ bedurften, nämlich
Der von Jaeger zur Umsetzung dieses Sofortprogramms errechnete Gesamtkapitalaufwand wurde für den Zeitraum von 1952 bis 1954 mit 735 Millionen Schilling berechnet. Für dieses Geld sollten Bauernhöfe für 1.200 Familien angepachtet, kleinere Arbeiteranwesen für 3.000 Familien angeschafft sowie Arbeitsstätten für 800 Handwerkerfamilien und 250 Familien aus den freien Berufen eingerichtet werden. Die dafür notwendigen Kosten sollten über einen von Jaeger vorgeschlagenen Verteilungsspiegel aufgebracht werden. Auf die öffentliche Hand entfiel ein Anteil von 34%, was in Zahlen einen Betrag von 250 Millionen Schilling ausmachte. Der Anteil österreichischer Kreditinstitute wurde mit 50 Millionen Schillingen berechnet, jener der Heimatvertriebenen mit 75 Millionen. Der inländische Anteil sollte nach Jaegers Programm demnach 375 Millionen Schilling betragen. Das restliche Finanzierungskapital von 360 Millionen Schilling sollten ausländische Hilfsquellen zur Verfügung stellen. Jaeger nannte hier als Hauptquelle die International Bank for Reconstruction and Development (Internationale Bank).
Jaeger war nach eigenen Angaben bemüht, in seinem Maßnahmenpaket für die sofortige Eingliederung der Volksdeutschen die „tatsächliche Leistungsfähigkeit der österreichischen Finanzen“ zu berücksichtigen und machte eine Verwirklichung davon abhängig, ob die österreichische Bundesregierung „bereit ist, das Flüchtlingsproblem als eines der Prioritätsprobleme sowohl auf der politischen als auch auf der wirtschaftlichen und sozialen Ebene anzusehen.“41
Am 27. Juni 1952 legte Beermann in Vertretung von G.J. van Heuven Goedhart, Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, Bundeskanzler Leopold Figl den neu konzipierten Plan Jaegers vor und informierte ihn schriftlich über ein Gespräch, das in der österreichischen Flüchtlingsdebatte zwischen van Heuven Goedhart und dem Präsidenten der Internationalen Bank in den USA stattgefunden hatte. In dieser Unterredung betonten beide die Dringlichkeit der „Eingliederung der Flüchtlinge in Österreich“. Der Präsident der Internationalen Bank meinte aber, dass eine Lösung „eher durch internationale Anleihen oder durch spezielle langfristige Anleihen als durch Banktransaktionen der Art, für welche die Internationale Bank gegründet wurde, erreicht werden kann.“42
Figl regierte überreizt auf diese deutliche Absage und erteilte dem Jaeger Plan II kurzerhand eine Absage, da „dieses Institut derzeit keine Möglichkeit einer Anleihegewährung im Zusammenhang mit der beabsichtigten Ansiedlung von Flüchtlingen für gegeben“ ansah. Damit „fällt“, so Figl weiter, „die wesentliche Voraussetzung des Sofortprogramms“ weg, was den österreichischen Bundeskanzler zu folgendem Schluss zwang: Eine Verwirklichung des Sofortprogramms erscheint daher bedauerlicherweise schon aus diesem Grunde derzeit nicht möglich. Irgendwelche Bemühungen Österreichs, im gegenwärtigen Zeitpunkt anderweitig eine Auslandsanleihe für diesen Zweck zu erhalten, erscheinen aussichtslos.
Damit ergab sich neuerlich eine Pattstellung. Wien wollte aber ohne internationale Beteiligung und Garantien nicht aktiv werden! Für Figl stand außer Frage, dass die Erwartung der österreichischen Bundesregierung bei der „Behebung der Flüchtlingsnot, die Österreich nicht verschuldet hat, angesichts seiner bedrängten finanziellen Lage weitgehend Hilfe vom Ausland“ zu erhalten, zu Recht bestand, zumal Österreich schon bisher eine Reihe von Hilfsmaßnahmen für die Volksdeutschen und fremdsprachigen Flüchtlinge ergriffen hatte. Figl nannte dazu folgende Leistungen (diese Auflistung ist eine Zusammenstellung aller Initiativen, die Österreich im Zeitraum 1945 bis 1952 für die volksdeutschen Heimatvertriebenen ergriffen hatte und einen finanziellen Rahmen von 879 Millionen Schilling erforderlich machte):
41 Sofortprogramm der Flüchtlingseingliederung in Österreich vom 30. April 1952. G XV/V/13.1 Nr. 57 bzw. 28.572 – 12 U/52.
42 Schreiben Beermann an Figl vom 27. Juni 1952. G XV/V/13.1 Nr. 692.
43 Mehr dazu vgl. Brundhilde Scheuringer, 30 Jahre danach.
Anzahl der nicht eingebürgerten Personen 1951
Gesamtbedarf des Sofortprogramms nach Jaeger
Die ersten Schritte auf dem Wege zur Gleichstellung
Weg aus Österreich oder „Raus aus den Lagern“
Der deutsche Lastenausgleich und der Weg zum Kreuznacher Abkommen
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