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Haus der Heimat, Wien

Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft in Österreich (DAG)

Vermögensentschädigungen der in Österreich lebenden rund 300.000 Heimatvertriebenen; Memorandum vom 22. Mai 1972

Anlass: Offizieller Österreich-Besuch des Bundeskanzlers der BR Deutschland Willy Brandt.


Auf Grund des deutsch-österreichischen Finanz- und Ausgleichvertrages 1961 (Bad Kreuznacher Abkommen) hat die Bundesrepublik Deutschland der Republik Österreich zur Vermögensentschädigung der in Österreich lebenden Vertriebenen einen finanziellen Beitrag von 125 Mio. DM zur Verfügung gestellt. Im Rahmen des zur Durchführung des Kreuznacher Vertrages vom österreichischen Nationalrat beschlossenen „Umsiedler- und Vertriebenen-Entschädigungsgesetzes“ (UVEG, 1962) ist von Österreich zu dem obgenannten BRD-Beitrag noch ein Betrag von rund 50 Mio. DM hinzugefügt worden und dieser Gesamtbetrag von etwa 175 Mio. DM bzw. - Nach dem damaligen Schillingwert - von ca. 1,1 Milliarden Schilling ist an rund 90.000 Entschädigungsantragssteller (mit ca. 170.000 Schadensfällen und Härteansuchen), jedoch ausschließlich nur für Verluste an Hausrat und Berufsinventar, ausbezahlt worden. Das ergibt - für die bisherige Entschädigung in Österreich - einen durchschnittlichen Schadensbetrag je Antrag von ungefähr 12.000 Schilling, wogegen - nach deutschen Schätzungen - die sogenannte Hauptentschädigung in der Bundesrepublik Deutschland je Antrag (hier auch für Haus und Grund) rund 4.800 DM bzw ca. 35.000 Schilling beträgt, was ungefähr dreimal mehr ist.


Um die Vermögensentschädigung der Vertriebenen in Österreich an die Entschädigung in der BRD anzugleichen,  wären somit noch rund 2 Milliarden Schilling erforderlich, wobei eine allfällige rückwirkende Verzinsung - in der BRD ab 1953 - nicht berücksichtigt ist. Noch ein Vergleich: Die 300.000 Vertriebenen in Österreich machen gegenüber den 10,5 Millionen in der BRD ca. 3 Prozent aus. Und schließlich: Natürlich kann auch die neue Entschädigung auf mehrere Jahre erstreckt werden. Der Bad Kreuznacher Vertrag war im Allgemeinen - und nicht nur von den Heimatvertriebenen in Österreich - als Beginn der Entschädigung für das enteignete Vermögen und die verlorene Heimat betrachtet worden und daher erklärte sich auch die Bundesrepublik Deutschland in Artikel 5 bereit, an weiteren Leistungen für im Vertrag noch nicht berücksichtigte Vermögensverluste sich zu beteiligen bzw. „in Verhandlungen über eine angemessene Beteiligung an solchen Leistungen einzutreten.“


In ihrer Forderung nach neuen Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland über eine Erweiterung des Bad Kreuznacher Vertrages berufen sich die Heimatvertriebenen in Österreich


  1. auf die eingegangene Verpflichtung der BRD in den Pariser Verträgen 1954, „Vorsorge zu treffen, dass die früheren Eigentümer der (auch durch die Herkunftsländer der Vertriebenen) beschlagnahmten Werte entschädigt werden“;
  2. auf die gleichen menschlichen und materiellen Opfer, die die Heimatvertriebenen in Österreich mit ihren in Deutschland lebenden Landsleuten und Schicksalsgenossen durch die unselige Politik des Dritten Reiches - dessen Rechtsnachfolgerin die BRD ist - erlitten haben, mit dem einzelnen Unterschied, dass sie der Zufall nicht nach Deutschland, sondern nach Österreich verschlagen hat.
  3. Die Vertriebenen in Österreich können nicht annehmen, dass gerade und nur sie von der Bundesrepublik Deutschland in ewiger Unruhe und Unzufriedenheit belassen werden sollte, und hoffen daher zuversichtlich, dass auch ihre rechtlichen und moralischen Vermögensentschädigungsansprüche nach so vielen Jahren endlich Anerkennung und gerechte Erfüllung finden werden.


Wien, am 22. Mai 1972